Es ist Anfang Oktober und wir sind für ein verlängertes Wochenende zum Wandern im Riesengebirge. Das ist toll, auch wenn ich vorher mal meine Knochen hätte beschriften sollen. Denn jeden Abend ist alles in einem heillosen Durcheinander. Das ganze System „Ich“ ein jämmerlicher Haufen. Nach jedem Tag muss ich mich neu sortieren. Manchmal habe ich das Gefühl einen wichtigen Knochen verloren zu haben. Von null auf hundert haben wir uns gleich am ersten Tag ungeplant ziemlich verausgabt. Von da an tut mir eigentlich andauernd irgendetwas weh.
Aber weißte was? Ich kann Wandern im Riesengebirge trotzdem sehr empfehlen und würde es auch sofort wieder machen. Denn bis auf die Schmerzen habe ich es annähernd so gewollt: maximal viel Zeit draußen verbringen, in einer wunderbaren Landschaft unterwegs sein, so viel bewegen wie nur geht und abends vor Erschöpfung einfach umfallen. Einschlafen und bis morgens durchratzen. Ohne Träume, ohne alles. Das klappt zu 100 Prozent und ich bin froh, dass wir die letzten schönen Tage des Jahres hier verbringen.
Unsere Basis im Riesengebirge: Szklarska Poręba
Für diesen ganzen Wahnsinn haben wir uns Szklarska Poręba (Schreiberhau) in Polen als Basis ausgesucht. Diese Stadt mit ihren ca. 7.000 Einwohnern liegt in Niederschlesien, zwischen dem Nordhang des Riesen- und den östlichen Ausläufern des Isergebirges auf einer Höhe zwischen 440 und knapp 890 Metern. Nach Karpacz (Krummhübel) ist Schreiberhau der zweitbedeutendste polnische Ort im Riesengebirge und seit dem 19. Jahrhundert vor allem bei jenen beliebt, die sich erholen wollen.
Als wir ankommen ist es schon Abend und empfindlich frisch. Die Häuser recken ihre Schornsteinnasen in den dunklen Himmel. Atmen aus. Rauch steigt auf. Die Welt riecht nach Holz und Feuer, ein bisschen auch nach Winter und Gemütlichkeit. Nach irgendetwas, das ich von früher zu kennen meine. Es fühlt sich gut an.
Bei Tage betrachtet – nur flüchtig, weil wir ja immer irgendwo unterwegs sind – gibt es einige Hotels, Cafés, Restaurants, Souvenirs- und Sportgeschäfte, die die Straßen säumen. Urlauber, die einen Bummel machen, sich Schaufensterauslagen anschauen und irgendwo einkehren. Es herrscht gemütliches Treiben, ohne dass es zu voll ist. Das ist gut und mir persönlich wichtig. Ich kann überlaufene Orte nicht ausstehen.
Weil die Lage der Stadt ziemlich schneesicher ist, kommen die Menschen vor allem hier her, um Wintersport zu machen. Man kann aber auch prima wandern gehen, was wir drei Tage lang tun.
Wandern im Riesengebirge: der Nationalpark
Das Riesengebirge erstreckt sich an der Grenze zwischen der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien und Tschechien. In fast 1.400 m Höhe entspringt hier die Quelle der Elbe. Der höchste Gipfel ist mit 1.602 m Höhe die Schneekoppe, die alle anderen Berge Mitteleuropas überragt, die nördlich der Alpen liegen.
Zentrale Bereiche des Riesengebirges liegen im Karkonoski Park Narodowy (Nationalpark Riesengebirge), zu dem es 1963 dank seines einzigartigen Naturreichtums ernannt wurde. Von der UNESCO wird es seit 1992 außerdem als Biosphärenreservat geschützt.
Das Riesengebirge kann auf eine lange Tradition als Touristengebiet in Mitteleuropa zurückblicken und die Schneekoppe wurde schon im 18. und 19. Jahrhundert häufig bestiegen. Heute besuchen etwa 2 Millionen Touristen jährlich den Nationalpark. Kein Wunder – sind die Landschaften doch wunderschön. Das fanden unter anderem auch Theodor Körner, Johann Wolfgang von Goethe oder Caspar David Friedrich. Letzerer hielt seine Erinnerungen an eine Wanderung durch das Gebirge im Sommer 1810 in Bildern fest. Bei ihrem Anblick will man da sofort hin, wenn man Berge mag.
Wandern im Riesengebirge: drei Anregungen für dich
1. Wanderung zu den Schneegruben und zur Elbquelle
Unsere Route führt uns von Schreiberhau (dem etwas höher gelegenen Teil), über Stock und Stein quer durch den wunderschönen Herbstwald. Zuerst geht es zur Alten Schlesischen Baude auf einer Höhe von 1168 m. Von dort laufen wir noch weiter hinauf bis zur Schneegruben Baude (1490 m), mit Ausblick auf die Schneegruben und die ganze schöne Welt um uns herum. Die nächsten Stationen sind erst die Elbquelle und dann die Reifträger Baude, wo die Wanderung eigentlich zu Ende sein soll. Weil die Planung aus Gründen aber völlig aus dem Ruder läuft, geht es zu Fuß auch wieder zurück nach Schreiberhau. Frag mal besser nicht nach Sonnenschein. Insgesamt laufen wir an diesem Tag fast 8,5 Stunden. Danach sind wir komplett hinüber und zu absolut nichts mehr in der Lage.
Den Artikel zu dieser Wanderung kannst hier lesen.
2. Hinauf zur Schneekoppe
Unser Ausflug zur Schneekoppe ist vermutlich eher ein strammes Fitnessprogramm, als eine wirkliche Wanderung. Trotzdem soll es nicht unter den Tisch fallen. Von Schreiberhau fahren wir mit dem Auto nach Karpacz. Weil uns vom ersten Tag noch alles weh tut, verzichten wir auf einen ausgedehnten Fußmarsch und überwinden diverse Höhenmeter mit zwei Sesselbahnen. Auf den Gipfel müssen wir am Ende dann natürlich trotzdem aus eigener Kraft. Auch wenn hier wahnsinnig viele Menschen unterwegs sind, die Aussicht von der Schneekoppe ist wirklich toll!
Mehr dazu kannst du hier lesen. Wenn du alles zu Fuß gehen willst, findest du zum Beispiel hier Infos zu einer Wanderung von Karpacz zur Schneekoppe und auch wieder zurück.
3. Wanderung vom Reifträger zur Elbquelle
Der höchste Berg Schreiberhaus ist der 1.362 m hohe Reifträger (Szrenica). Vom Tal nehmen wir die Sesselbahn, die uns in zwei Etappen hinauf zur gleichnamigen Baude (Schronisko „Na Szrenicy“) bringt. Dort schlagen wir den Weg Richtung Wossecker Baude (auf der tschechischen Seite, unweit von Harrachov) ein. Das schöne Wetter lockt auch heute wieder viele andere Leute nach draußen und es herrscht an der Baude ein wenig Trubel, allerdings der von der angenehmen Sorte. Von hier aus wandern wir ganz in Ruhe und fast allein noch einmal bis zur Quelle der Elbe – heute aus einer anderen Richtung – und dann wieder zurück zur Reifträger Baude, von wo aus es mit der Sesselbahn zurück nach Schreiberhau geht.
Mehr zu dieser Wanderung gibt es hier in Kürze zu lesen und zu sehen.
Wandern im Riesengebirge: mein Hoteltipp
Wir übernachten im Hotel & Sound Bossa Nova in Schreiberhau. Das historische Gebäude aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert ist nicht zu groß. Es gibt 22 Zimmer und unseres ist sehr gemütlich. Das Personal ist freundlich und das Essen gut – sowohl zum Frühstück als auch im Restaurant zum Abendessen. Gelegen ist das Hotel super, mit viel Grün drum herum und vor dem Gebäude gibt es eine kleine Terrasse. Bis zu den Wanderwegen sind es nur ca. 200 m, bis zur Sesselbahn, die auf den Reifträger führt, sind es nur 500 Meter. Zum Übernachten also eine gute Wahl.
Adresse: 58-580 Szklarska Poręba, ul. Jana Kilińskiego 14
Website: www.bossanova.pl/de
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