Nach Oman fahren, ohne in der Wüste zu übernachten? No way! Ich wollte da hin und ich wollte da schlafen. Ich wollte die unzähligen Sterne am Himmel sehen, wollte barfuß durch den Sand laufen. Und eigentlich wollte ich auch auf einem Kamel reiten. Letzteres fand allerdings nur in meiner Fantasie statt, denn das Personal im Camp war speziell zerstreut. Anyway. Wahrscheinlich wäre ich sowieso runter gefallen, hätte mir eine kleine Auswahl lebensnotwendiger Knochen gebrochen, um anschließend sehr lange, sehr laut zu weinen.
Als Knirpsin bin ich im Ferienlager mal Hals über Kopf von einem maroden Kirschbaum gestürzt. Von der Idee eines perfekten Verstecks blieben neben einem Blackout, ein ziemlich verbeulter Arm, viel Geschrei im Krankenhaus, Narkose, OP und ein Vollgips, den ich traurig durch den Sommer schleppte. Gefühlt hat es danach nochmal genauso lange gedauert, das Körperanhängsel, das mal mein Arm war, aus dem rechten Winkel zu befreien und wieder Fleisch auf den Knochen zu bekommen. Aus dieser zurecht gebogenen Perspektive betrachtet, konnte ich den nicht stattgefunden Kamelritt irgendwie verschmerzen.
Wenigstens konnte ich ein paar dieser offensichtlich dauerbekifften Zeitgenossen (eine kulturübergreifende Feststellung übrigens) auf meine Speicherkarte quetschen. Von da aus können sie mir jetzt bis in alle Ewigkeiten freundlich und etwas hippiesk durch ihre leicht verquollenen Augen zuschmunzeln, während sie auf irgendetwas Bewusstsein erweiterndem herum beißen. Irgendwoher muss sie ja kommen, diese grenzenlose Gelassenheit.
Ich wünschte, ich hätte etwas davon gehabt, als wir zwischen den Kamelshootings in eine Polizeikontrolle gerieten. Ein mobiler Checkpoint der irgendwo im Nirgendwo plötzlich vor uns auftauchte. Gefühlt schoss in diesem Moment ausschließlich Adrenalin durch meinen Körper und ich hätte genug Kraft gehabt, aus eigenem Antrieb einmal zum Mond und wieder zurückzufliegen. Man hat ja nicht den blassesten Schimmer, auf was man da zurollt.
In einem Land, wo man sogar ein Knöllchen dafür kassieren kann, dass das Auto nicht frisch gewaschen ist. Aber für Putzkontrollen wurden hier eindeutig zu schwere Geschütze aufgefahren. Dafür benötigt man keinen überdimensionalen Geländewagen. Man muss ihn auch nicht in Camouflage wickeln, zusätzlich mit den Dingen dekorieren, die Mutter Natur gerade zu bieten hat und eine übertrieben große Schusswaffe muss man dafür auch nicht oben drauf binden. Für kein Knöllchen der Welt.
Es gab auch keins. Es gab gar nichts. Wir bewegten uns im Schritttempo auf das Sicherheitspersonal zu, nahmen unsere Sonnenbrillen ab, setzen dafür die extra seriösen Gesichter auf und stoppten. Musterung durchs Fahrerfenster. Pässe raus, Pässe wieder rein. Nicken. Tschüss. Was für eine Adrenalinverschwendung. Die zweite Kontrolle gingen wir entsprechend aufgelockert an und dann war endlich der Weg frei, um da hinzukommen, wo wir eigentlich hinwollten.
Wahiba Sands
Also fuhren wir. Zu einer Tankstelle, an der man uns abholte. Dann wurden wir mit unserem Nicht-4WD in die Wüste geschickt. Erst auf Asphalt, am Ende ein kleines Stück mit Vollgas durch den Sand, um bloß nicht steckenzubleiben. Wir schafften es zum Camp, wo es, bis auf zwei Herren an der Rezeption, weit und breit keine Anzeichen menschlichen Lebens gab. Auf unserer Seite des Camps blieben wir die einzigen Gäste, während es später am Abend auf der anderen recht lebhaft zuging. Indische Familien, die Urlaub machten, sangen, schnatterten. Nun gut. Wir wollten Abgeschiedenheit. Da war sie. Nur fühlte sie sich im ersten Moment ein wenig unheimlich an.
Nachdem wir unser Häuschen bezogen hatten, machten wir uns auf den Weg, um über die Dünen zu wandern und uns irgendwo niederzulassen. Und wie immer, wenn wir gerade wieder einen dieser Glücksmomente mit Aussicht hatten, fing der Muezzin an zu rufen. Als würde er uns immer wieder aufs neue sagen wollen: Merkt euch das.
Merkt euch diese atemberaubenden Landschaften, merkt euch, dass das Oman ist. Vergesst nicht diese Momente und die Gänsehaut die sich in Schockwellen auf euch ausbreitet. Denkt immer daran, wie oft sich in diesem Land euer Herz zusammenzog, euch die Tränen in die Augen stiegen, vor Dankbarkeit und Glück. Und während er ruft, geht die Sonne glutrot am Horizont unter. Ich lasse meine Hand durch den feinen, weichen Sand der Düne wandern. Und es ist, als würde ich das samtige Fell eines großen, schlafenden Tieres streicheln, auf dessen Rücken ich gerade sitze.
Bidiya Desert Camp
Mir fehlt leider jeglicher Vergleich zu anderen Camps, weshalb ich nur schwer einschätzen kann, ob unseres besonders empfehlenswert ist oder nicht. Fakt ist, dass es diverse Wüstencamps gibt – für jeden Geschmack und verschieden große Geldbeutel. Diese beiden haben eine eigene Website 1000 Nights Camp & Nomadic Desert Camp und wenn ihr euch im Internet auf die Suche macht, werdet ihr schnell weitere finden.
Zu unserem kann ich zumindest so viel sagen: Es war sicher nicht die Luxusvariante, aber für eine Nacht absolut in Ordnung. Die Betten waren super bequem, wenn auch zur Hälfte in Plastikfolie gehüllt. Ich habe bis jetzt keine Antwort darauf gefunden, ob diese Maßnahme dem Schutz vor Wüstensand oder vor den Gästen dienen sollte. Zu unserem klimatisierten Zimmer gehörte ein einfaches Bad mit Dusche, ein kleiner Kühlschrank mit Eisfach und sogar ein Wasserkocher. Für die Mahlzeiten gab es einen Speisesaal, den ich mal als zweckmäßig umschreiben würde. Dafür war das kleine Buffet zum Abendessen, aber ziemlich lecker.
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Du willst wissen, was ich in Oman noch alles erlebt habe? Dann lies doch noch, wie schön es in Oman am Meer ist.
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13 Comments
Was für wunderschöne Bilderbuchbilder und was für wunderschöne Vergleiche … „Und es ist, als würde ich das samtige Fell eines großen, schlafenden Tieres streicheln, auf dessen Rücken ich gerade sitze.“ … Hmmmmmmm … So hübsch, dass ich glatt heulen könnte!
Übrigens: Das Kamelbaby finde ich unglaublich süß! Ich hätte es wahrscheinlich ganz spontan adoptiert und im Handgepäck mit nach Hause geschleust … Bestimmt! (Auch wenn es sicher furchtbar müffelt und meine Katze nur mäßig begeistert gewesen wäre, wenn sie sich den Platz auf der Couch ab jetzt hätte teilen müssen.)
Davon abgesehen war ich sicher, dass auf dem zweiten Bild eine Giraffe drauf ist, bis ich geschnallt habe, dass sich das Kamel nur sehr, sehr lang streckt, um an den Trieben des Baums zu knabbern :-D
Vielen Dank für’s Teilen – das hat meinen Tag auf jeden Fall viel heller und schöner gemacht!
:-*
Liebste Trixie, vielen Dank – auch wenn ich nicht möchte, dass hier geweint wird. Die Idee mit dem Kamel und der Katze gemeinsam auf der Couch ist zwar eine schöne Vorstellung, aber wahrscheinlich würde das kein gutes Ende nehmen. Lass lieber die Finger davon. Kusskuss!
Danke Lu, für Deine Poesie – in Sprache und Fotos. Wie immer: gut zu lesen. Bewahre Dir Deine humorvolle Sicht (und Ausdrucksweise) auf die Dinge des Lebens und lass uns weiter daran teilnehmen.
Oman gehört nicht zu meinen Reisezielen, aber ich bin – dank Deines Blogs – dort gewesen…. Schön!
Ich geb mir Mühe, liebe Lenke. Und dann wird es wohl Zeit für neue Oman-Geschichten, damit die Reise auch für dich weitergehen kann.
Oooh, hat mir sehrsehrsehr gefallen. Deine Schreibe gefällt mir sehr. Hier komme ich jetzt häufiger vorbei.
Allerdings hast Du mich ein bisschen bestochen: Kamelen kann ich nämlich wirklich überhaupt nicht widerstehen…
Viele Grüße
/inka
Danke, liebe Inka! Gut, dass ich das mit dir und den Kamelen jetzt weiß. Ich plane, Kamele im Miniaturformat zu züchten – für den Balkon und so. Ich sag dann einfach Bescheid, wenn ich erfolgreich war.
[…] Wüste und Kamele dürfen bei einem Besuch im Oman natürlich nicht fehlen. Das sieht Lu von Lu-Morgenstern ganz genauso. Ihre Wüstenerfahrung beschreibt Lu so wunderbar in einem ganz eigenen Stil, da konnte ich gar nicht aufhören zu lesen und das an meinem Geburtstag. Meine Blogneuentdeckung im März! Dazu kommen tolle Bilder und schon schwebe ich irgendwo im Mittleren Osten. Unbedingt lesen: Hier geht es in die Wüste. […]
Hallo Lu, oh da haben wir uns ja knapp verpasst! Schöne Oman Artikel hast du da. Wir hatten ja leider nur einen Tag Zeit, aber der hat gereicht um uns davon zu überzeugen nochmal wiederzukehren. Und deine Berichte und Bilder machen auf jeden Fall noch mehr Lust :) In die Wüste will ich auch unbedingt. Ich träume allerdings davon, auf einem Kamel auf die Pyramiden zuzugaloppieren. Ob das mal wahr wird, wird sich zeigen! Schöner Blog und schöne Schreibe, hier werd ich auf jeden Fall öfters mal reinlesen :) Liebe grüße aus Köln! Shirani
Hallo Shirani, toll, dass du vorbei gekommen bist. Freut mich, auch dass es dir hier gefällt! In den Oman will ich unbedingt auch nochmal. Auf nem Kamel reiten ist auch noch nicht komplett abgeschrieben. ;) Und bei dir werde ich ebenfalls mal wieder vorbei schauen. Liebe Grüße Lu
Hey Lu,
schöner Oman-Artikel und tolle Eindrücke aus der Wüste! Dort würde ich ja auch zu gerne mal hin. Das Wadi Rum in Jordanien war schon schön, aber die Sanddünen auf deinen Bildern sind ja der Wahnsinn ?
Liebe Grüße
Christian
Danke, Christian! Das Wadi Rum kenne ich bislang nur von Bildern. Reizt mich aber auf jeden Fall auch. Du solltest dann wohl mal schleunigst in den Oman und überprüfen, ob die Dünen auch in Echt der Wahnsinn sind. ? Liebe Grüße Lu
Ach du schreibst ja mega toll. Gern lese ich deinen Bericht und freu mich schon, was ich wohl erleben werde im Oman! Danke dafür
Danke liebe Birgit! Ich wünsche dir eine ganz tolle Zeit und viele schöne Erlebnisse im Oman. Genieß es! Liebe Grüße Lu