Mein Lissabon Spezialitäten Spezial

17. November 2015
Lissabon - Aussichtspunkt Miradouro São Pedro de Alcântara

Da war ich also, in Lissabon. Seit gefühlt 100 Jahren wollte ich hier her. Jetzt endlich hatte ich es geschafft. Es war Mitte September, sommerlich warm und sonnig. Und ich war glücklich, dass mich eine Rallye nach so langem Warten in diese Stadt geführt hatte. Aber bitte keine falschen Erwartungen jetzt. Ich habe nicht selbst teilgenommen, sondern wollte nur winkend in der Zieleinfahrt stehen. Genau wie Yvonne, mit der ich den ersten Abend allein verbrachte.

Wir nahmen unser Häuschen in Graça in Beschlag, stießen mit einem kühlen Super Bock auf Lissabon und das Leben an. Danach machten wir uns auf, um uns am Meer niederzulassen, wo wir bei hausgemachter Limonade den Sonnenuntergang genießen wollten. Sagt jetzt bitte nichts. Ich weiß, dass es ein Fluss ist, und dass er Tejo heißt. Aber wir alle nannten ihn die ganze Zeit über das Meer. Es war einfach so ein Gefühl und machte alles noch besser, als es sowieso schon war.

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Nachdem die Limonade getrunken und die Sonne weg war, kam der Hunger und wir beschlossen, irgendwo Fisch zu essen. Ganz ohne Schnickschnack, sondern einfach da, wo auch die Einheimischen hingehen würden. So eine Lokalität fanden wir wenig später und ließen uns nieder. Ich gebe zu, dass ich nicht so den Plan von Fisch habe. Deshalb wählte ich über die Bildersuche in der Karte etwas aus, das nach Fish & Chips aussah, denn das esse ich am liebsten. Bei jedem anderen Fischgericht bin ich so lange happy, bis mir die erste Gräte in die Quere kommt.

Das passierte leider gerade in einer Endlosschleife und mein Status wechselte auf nicht mehr ganz so happy. Trotz ernsthafter Bemühungen meinerseits ballte sich mein Gesicht langsam aber sicher zur Faust. Ich war machtlos dagegen, denn ich konnte das Gesicht ganz gut verstehen. Das, was da auf meinem Teller war, stellte sich nämlich zusätzlich als unheimlich trocken und zäh heraus. Während ich darin herumstocherte, wünschte ich mir sehnlichst, ich hätte mir etwas anderes ausgesucht, als ausgerechnet Bacalhau. Ich war wirklich kurz davor, den Katastrophenalarm auszulösen.

Später klärte mich der Mann darüber auf, dass ich mir schönsten Stockfisch bestellt hatte. Der wird erst getrocknet, um ihn dann wieder einzuweichen und anschließend zu kochen oder zu grillen oder so. Großartig. Da habe ich mich also ganz ungewollt mit einer Spezialität bekannt gemacht. Ein etwas zweifelhaftes Vergnügen, um ganz ehrlich zu sein. Deshalb möchte ich mich schon jetzt von den weiteren 364 Rezepten distanzieren, die es noch geben soll. Mit Stockfisch bin ich fertig.

Aber wo ich hier gerade bei Spezialitäten bin, fallen mir auf einen Schlag gleich noch ein paar mehr ein, die ich in Lissabon für mich entdeckt habe. Anschnallen, geht los:

#1: Schöne Aussichten

Ich mag schöne Aussichten. Sehr sogar. Deshalb war es mir sehr recht, dass Lissabon auf sieben Hügeln liegt, weil es dadurch diverse Möglichkeiten gab, auf die ich mich hoch schleppen konnte, um dann ganz tief ein- und wieder auszuatmen und runter zu gucken. Auf rote Ziegeldächer, Häuser und kleine Gassen, Kirchtürme, andere Hügel und natürlich den Fluss (also das Meer – naja – ihr wisst schon). Das hätte ich stundenlang machen können und weil es euch vielleicht auch so geht, teile gern vier schöne Aussichten mit euch:

Miradouro das Portas do Sol
Nach einem schnellen Kaffee zu Hause, kauften wir am ersten Morgen unser richtiges Frühstück unterwegs in einem Café und nahmen dieses auf einer Bank unweit des Miradouro das Portas do Sol ein. Der Ausblick auf die Alfama und den Tejo von dort ist spektakulär und von mir aus könnte jeder Tag so beginnen.

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Miradouro Sophia de Mello Breyner Andresen
Vor allem abends waren wir immer am Miradouro Sophia de Mello Breyner Andresen im Stadtteil Graça. Nicht nur, weil er gerade mal einen Katzensprung von unserem Häuschen entfernt war, sondern weil es dort einen kleinen Kiosk mit netter Bedienung und ausreichend Sitzgelegenheiten gab. Von den nächtlichen Stadtansichten ganz zu schweigen.

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Miradouro São Pedro de Alcântara
Ebenfalls sehr schön ist der Miradouro São Pedro de Alcântara im Bairro Alto, der sich auf einer hübschen kleinen Anlage befindet, mit ausreichend Bänken und anderen Sitzmöglichkeiten sowie einem Café. Das Ganze unter großen Bäumen, die Schatten spenden. Bei über 30 Grad ist das ein nicht zu verachtendes Argument. Von da ist es außerdem nicht weit zur Kirche „Igreja de São Roque“, die von außen recht schlicht, innen dafür umso schöner ist. Schaut da unbedingt mal rein, es lohnt sich.

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Parque Eduardo VII
Auch ein Ausflug zum Parque Eduardo VII, dem größten innerstädtischen Park Lissabons, wird euch nicht enttäuschen. Einerseits weil die Anlage wirklich toll ist, andererseits, weil ihr auch hier von ganz weit oben ganz weit nach unten schauen könnt. Dazu müsst ihr euch nur zum nördlichsten Zipfel des Parks begeben. Von da ist es übrigens gar nicht weit bis zur nächsten Spezialität bzw. einem Teil davon. Ich sag nur Streetart! Also auf zum folgenden Absatz.

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Übrigens wird es euch überraschen, aber Miradouro heißt Aussichtspunkt. :) Und wenn euch diese vier noch nicht reichen, gibt es hier eine Übersicht mit weiteren Aussichtspunkten in Lissabon.

#2: Streetart

Streetart hat einen festen Platz in der Stadt und selbst wenn ihr nicht gezielt danach sucht, werdet ihr früher oder später ganz von selbst darauf stoßen. Ich habe schon einen extra Post zu Street Art in Lissabon verfasst. Dort findet ihr auch eine Info, falls ihr vor habt, eine Tour zu buchen. Solltet ihr nicht ganz so viel Zeit haben, aber trotzdem ein paar echte Schmuckstücke sehen wollen, dann ist es vom oben beschriebenen Parque Eduardo VII gar nicht weit und ihr solltet euch die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Eine Info, wie ihr vom Park da hinkommt, gibt es ebenfalls im Streetart-Post.

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#3: Azulejos

Auch schon fast Streetart und mit das Schönste in und an Lissabon sind für mich die Häuser mit ihren wunderschönen, teils noch originalen Kacheln, den Azulejos. Am liebsten hätte ich jedes Haus, jede Kachel einzeln fotografiert. Meist sind es nur Ornamente, manchmal aber auch ganze Bilder und ich konnte mich daran gar nicht satt sehen.

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Der Name Azulejo kommt übrigens aus dem Arabischen und „Al Zulaij“ bedeutet kleiner polierter Stein. Mitgebracht wurde die schicke Wanddeko von den Mauren, die zur Zeit des Mittelalters Teile der Iberischen Halbinsel besetzt hatten. Die schönen Azulejos wurden zuerst in Spanien produziert und verwendet. Wie es mit Trends aber so ist, irgendwann schwappen sie über und das war auch hier der Fall. Es heißt, dass der portugiesische König Dom Manuel I nicht ganz unschuldig daran ist. Seitdem gibt es sie auch in Portugal und ganz viele davon in der in der Altstadt Lissabons (Alfama).

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#4: Pastéis de Belém

Ich bekenne hiermit öffentlich, dass ich nicht nur Aussichten über alles liebe, sondern auch alles was süß ist. Wahrscheinlich bin ich eine der größten Naschkatzen überhaupt. Wenn ihr auch so seid, dann geht in Lissabon mal in ein Café. Da werdet ihr schon durchdrehen. Aber jetzt schließt die Augen und stellt euch Folgendes vor: Knuspriger Blätterteig gefüllt mit einer süßen Creme aus Eiern und Sahne. Das Ganze leicht karamellisiert und lauwarm mit einer Prise Zimt obendrauf. Das ist das Beste zwischen Himmel und Erde. Das sind Pastéis de Belém. Nach dem ersten Bissen war ich ihnen verfallen und wegen ihnen habe ich die Stadt zu meinem persönlichen Teilchen-Eldorado erklärt.

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Zu erwerben gibt es sie im Stadtteil Belém, in der Confeitaria Pastéis de Belém und das schon seit vielen, vielen Jahren. 1837 gingen die ersten Törtchen über den Tresen. Heute werden pro Tag 20.000 davon gebacken und zwar noch immer in Handarbeit. Das Rezept ist streng geheim und nur drei Personen kennen es. Der Andrang hier ist nicht umsonst riesig und ihr müsst unter Umständen etwas Geduld mitbringen, weil gerade am Wochenende die Schlange vor dem Laden schon mal etwas länger werden kann. Es lohnt sich aber auf jeden Fall und die Straßenbahnlinie 15 fährt euch quasi bis vor die Tür: Rua de Belem 84-92, 1300 – 085 Lissabon.

#5: Fisch in Dosen. Vor allem die Dosen!

Fisch macht mir manchmal Probleme. Das dürfte euch jetzt klar sein. Anders schlimm wird es, wenn er in großartigen Verpackungen steckt. Ich habe nämlich leider auch einen Fimmel für schön gestaltete Dinge und wie soll man sich bei so einer Auswahl denn bitte für DIE Dose entscheiden? Selbst wenn ich auf fünf erhöhen würde – unmöglich. Mich überkam hier tatsächlich der Drang, Fischkonserven zu horten. Ein paar durften am Ende natürlich auch mit. Allerdings haben wir die meisten schon längst verschenkt, weil das tatsächlich mal ein hübsches Souvenir mit Mehrwert ist.

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#6: Elétricos de Lisboa

Straßenbahn zu fahren ist zugegeben nicht so das Highlight, zumindest ganz allgemein betrachtet. In Lissabon wird es das irgendwie trotzdem und alles nur wegen den alten Straßenbahnen, die einen in sich aufnehmen und dann durch die schmalen, steilen Gassen und engen Kurven der Altstadt tragen und mal so richtig durchschütteln.

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#7: Tuk-Tuks

Meine erste Bekanntschaft mit Tuk-Tuks hatte ich in Bangkok. Da sind wir öfter mit diesen Dingern gefahren, weil wir es nicht besser wussten oder es gerade nicht anders ging. Wirklich überzeugt hat mich das Konzept allerdings nicht. Man sieht kaum etwas, hat die ganze Zeit Abgase in der Nase und manchmal muss man nach der halben Strecke nochmal neu über den Fahrpreis verhandeln. Noch schlimmer wird es, wenn man im zitternden Rückspiegel sieht, wie dem Fahrer auf einer sechsspurigen Brücke ständig die Augen zufallen. Das fühlte sich an, als wären wir in einem ganz schlechten Film unterwegs.

Vergessen werde ich das wohl nie und ich bin froh, dass ich dieses Gefährt lebend verlassen durfte. Deshalb habe ich nicht schlecht gestaunt als in Lissabon das erste Tuk-Tuk an mir vorbei knatterte. Dann kam noch eins und noch eins und so ging das die ganze Zeit über. Gefühlt gibt es hier mehr davon, als in Bangkok. Ok, das mag jetzt etwas übertrieben sein, aber es machte doch den Anschein, als würden sie sich als neue Spezialität in Lissabon etablieren.

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Und sonst so?
Ach, was soll ich sagen? Lissabon hat einen gewaltig großen Platz in meinem kleinen Herz eingenommen. Denn außer diesen Spezialitäten ist Lissabon für mich so viel mehr. Palmen, Sonne, kleine Gassen, alte Häuser und die Menschen da. Lissabon sind Sommertage im September und Licht. Dieses einmalig schöne, wunderbare Licht. Lissabon ist Super Bock, Seifenblasen, Gehwege, die pink sind oder glänzen, als würden sie täglich poliert. Lissabon ist einfach Lissabon. Einzigartig und großartig, auch wenn es hier und da ein bisschen abgeranzt ist. Ich liebe es!

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Kennst du die LX Factory in Lissabon? Die solltest du dir auf keinen Fall entgehen lassen.
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Mein Lissabon Spezialitäten Spezial

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5 Comments

  • Reply lenke 17. November 2015 at 19:55

    Vor Jahren war ich auch mal in Lissabon. Nur kurz, wie Du. Und hat mir auch gut gefallen, wie Dir. Aber wenn ich sehe und lese, wie liebevoll Du selbst die kleinsten Winzigkeiten in Deinen Augen und Deinem Herzen gespeichert hast, muß ich mich mit meinen doch recht blassen Emotionen für diese wirklich tolle Stadt verstecken. Dankeschön! Hast mit dem Dir eigenen Humor meine verschütteten Erinnerungen wiederbelebt. Womit wirst Du uns demnächst überraschen?
    Lieben Gruß
    Lenke

    • Reply Lu 17. November 2015 at 20:09

      Liebe Lenke,
      vielen Dank! Ich freue mich sehr, dass ich deine Erinnerungen wiederbeleben konnte. Ich hoffe allerdings, es war kein Stockfisch dabei. ;)
      Was als nächstes kommt, weiß ich noch nicht ganz genau. Komm doch einfach wieder mal vorbei und lass dich überraschen.
      Liebe Grüße
      Lu

  • Reply Sarah 22. Januar 2016 at 15:59

    Im Mai verschlägt es mich nun auch endlich nach Lissabon. Vielen Dank für die schönen Impressionen. Du hast mir mit deinem Artikel nun noch mehr Lust gemacht, diese Stadt mit allen Sinnen zu erkunden. Und das eine oder andere Pastéis de Belém werde ich mit Sicherheit auch probieren. :)

    Lieben Gruß aus Mainz,
    Sarah

    • Reply Lu 22. Januar 2016 at 19:49

      Liebe Sarah,
      ich wünsche dir eine wundervolle Zeit in Lissabon. Es wird dir gefallen, da bin ich mir ganz, ganz sicher.
      Ich freue mich schon auf deine Geschichten und Fotos! Bitte iss eine Familienpackung Pastéis für mich mit. :)
      Viele liebe Grüße
      Sandra

  • Reply geschreiben mit licht 17. August 2016 at 12:04

    Tolle Stadt – schnell wieder hin!

    Gruß
    geschrieben mit licht

    https://geschriebenmitlicht.wordpress.com/

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