Der Wald riecht ganz warm und trocken. Nach Sommer und einem Ferientag in Irgendwo. Das Kind in mir freut sich und es ist ihm gerade ein bisschen schnurz, wo genau es steht und geht. Es ist auf Wiesen und im Wald unterwegs – mal nicht in der großen, weiten Welt, sondern hier im schönen Brandenburg. Dem Kind geht’s damit blendend. Denn obwohl es noch nie hier gewesen ist, fühlt sich alles sehr vertraut und ziemlich gut an.
Auf sandigem Boden setzt es beschwingt einen Fuß vor den anderen. Lässt Gräser am Wegesrand durch die Finger gleiten und sammelt Stöckchen. Es pfeift ein bisschen vor sich hin und strahlt schon nach wenigen Metern wie ein Honigkuchenpferd. Auf seinem Rücken der kleine schwarz-weiß gemusterte Rucksack, der seit ein paar Jahren immer dabei und mit Proviant gefüllt ist. Die Haut riecht nach Sonnencreme und Sommerfrische, mitten im April.
Im Wald spielt die Musik
Leute trifft es nur hier und da. Ansonsten bekommt das Kind viel Ruhe oder aber Geräusche mit Wert. Beides unbezahlbar, wenn man wie das Kind normalerweise im Großstadtdschungel lebt. Hier und jetzt wird ein kleines Waldkonzert geboten. Ganz spontan und sehr vortrefflich. Der Specht führt den Taktstock und sorgt für den Beat. Der Baum recht hohl und das Echo weithin zu hören. Ein Chor aus kleinen Singvögeln stimmt ein und steuert die Melodie bei. Ohne Standing Ovations kann das nicht zum Ende kommen. Und so fährt der Wind durch die Wipfel der Bäume und lässt sie ordentlich rauschen. Sie wiegen sich in ihrer eigenen Soundkulisse und knarren genüsslich dabei. Oh, wie das Kind das alles liebt! Den Kopf im Nacken dreht es sich um sich selbst und denkt sich „nochmaaal!“.
Die Natur, lässt sich nicht lumpen und legt noch ein paar Darbietungen oben drauf. In den Hauptrollen der Weißstorch und ein Kranich, die auf den Wiesen herum stolzieren. Sie sind noch in der Aufwärmphase und da passiert jetzt mal noch nicht so viel. Ist eher was fürs Auge, aber das isst ja bekanntlich mit.
Die kleine Badegesellschaft
Unser Weg führt zu einem See, der Lehnssee heißt. Rund um sein Ufer stehen weißblonde Gräser in einem breiten Streifen. Wie feine Wimpern umranden sie das strahlend blaue Auge, das nur gefiederten Gästen zum Baden vorbehalten ist. Von denen gibt es hier eine Menge und sie spielen alle ein bisschen verrückt. Vermutlich weil sie sich genauso sehr über die Sommerfrische freuen.
Wir laufen eine halbe Runde um den See und ein kleines Birkenwäldchen wird zum Picknick-Platz. Mein inneres Kind kommt auch wieder zum Vorschein. Und das nicht nur wegen des Kartoffelsalates und den gekochten Eiern. Sondern weil es schon ahnt, dass es gleich wieder auf seine Kosten kommen wird – in dieser Natur-Doku, wo es so manches live und in Farbe miterleben darf. Und da geht’s auch direkt schon los.
Ein Gänsepärchen kommt quietschvergnügt angeflogen. „Ga-ga-ga“ ruft Gans Nummer eins durch die Frühlingsluft. „Ga-ga-gaaa!!!“ findet auch Gans Nummer zwei. Dieser See soll es also sein und mit einem lauten Platschen landen sie. Irgendwem (von hier nicht zu erkennen, selbst auf Zehenspitzen nicht) gefällt das gar nicht. Unmut macht sich lauthals breit. Vor lauter Aufregung wohl ein ausgelegtes Handtuch übersehen. Pardon und „ga-ga-ga“. Also nochmal Schwung nehmen und ein Stück weiter rücken, was wiederum dem Schwan nicht in den Kram passt. Es folgt viel Gezeter und eine kurze Schlägerei. Beim dritten Anlauf klappt es endlich und die richtige Clique ist gefunden. „Ga-ga-ga-ga-gaaaaa!“
Zum Glück, denn dem Specht in der Nachbarschaft wird’s langsam zu bunt. Ist schließlich gerade Mittagszeit und mahnend klopft er wie wild gegen die Wand seines Baumes. Irgendwo quakt nochmal kurz jemand, ein kleiner Vogel tiriliert, dann ist wieder nur der Wind zu hören, der wie ein Wanderer durch die Baumkronen und die Welt streift, die immer noch lieblich nach Kindheitserinnerungen duftet.
Während wir uns das Essen schmecken lassen, fliegt der nächste Badegast ein. Eine blasse, aber elegante Erscheinung. Nicht weit entfernt lässt er sich nieder. Ein Silberreiher. So wie wir kann er es gar nicht fassen und reckt vorsichtig den Kopf aus den Gräsern. So wie wir zu ihm, schaut er eine Weile ungläubig zu uns herüber. Nicht bewegen, nicht atmen! Dann entscheidet er sich: Es ist ihm zu kurios mit uns und schon schwebt er wieder davon. Vor Begeisterung möchte man glatt Purzelbäume schlagen.
Raschel, raschel.
Während wir ihm noch ganz verzaubert hinterher schauen, raschelt es hinter uns im trockenen Laub. Wer das wohl ist? Ich sitze mit dem Rücken zu unserem Gast und kann ihn nicht sehen, lasse mir aber sagen, dass es eine winzige Maus ist, die ziemlich zerknirscht drein schaut. Das tut sie, weil wir a) unser Picknick auf ihrem Haus ausgebreitet haben oder b) weil sie gerade zwei ganz schrägen Typen begegnet ist. (Lösung: Mit Antwort a liegst du vielleicht nicht ganz falsch. Richtiger ist in diesem Fall aber Antwort b. Pass auf!)
Die Maus sucht auf ihren kurzen Beinchen das Weite und nimmt das Rascheln mit. Dieses kommt jedoch schon nach kurzer Zeit wieder. Nun mit einer zweigeschossigen Erdkröten-Formation im Schlepptau. Eine ziemlich große trägt eine kleinere im Huckepack durchs Gehölz. Ziemlich behäbig, aber mit einem klaren Ziel vor Augen. Wie fast alle hier, wollen auch sie zum See. Die kleinere Kröte sieht gar nicht mal so glücklich aus und ich frage mich, was die da treiben. Gab’s Verletzte? Ist die müde, krank oder einfach nur ziemlich faul? Ich lese später nach und weiß nun, dass Frau Erdkröte wortwörtlich einen Typen abgeschleppt hat. Der soll das mit dem Nachwuchs regeln. Und er guckt nicht so begeistert, weil er ja weiß, dass er im schlimmsten Fall über mehrere Tage bis zu 6.000 Eier besamen muss. Halleluja!
Wäre der Tag nicht schon so weit fortgeschritten, hätte das Kind jetzt noch tausend Ideen, was es so anstellen könnte. Weiter wandern bis zum nächsten See, weiter Tiere beobachten, eine Hütte bauen und wie ein Räuber die Nacht im Wald verbringen. Aber dieser Ferientag neigt sich seinem Ende entgegen. Die gute Laune bleibt, die Erinnerungen sind aufgefrischt und ganz bald geht’s einfach wieder raus nach Brandenburg.
Wanderung im Finowtal: gut zu wissen
Wo: Das Naturschutzgebiet Finowtal-Pregnitzfließ befindet sich nordöstlich von Berlin im Naturpark Barnim in Brandenburg und wird von der Finow, dem Finowkanal und dem Pregnitzfließ durchflossen. Mit dem Auto brauchst du von Berlin aus (ab Prenzlauer Berg gerechnet) ca. 40 Minuten.
Startpunkt: Das Auto haben wir an der Wehrmühle Biesenthal abgestellt, die sich ca. 1,5 km vom Ortskern entfernt befindet und wo wir auch direkt zu dieser schönen kleinen Wanderung im Finowtal starten.
Streckenverlauf: Wir sind keinem ausgewiesenen Wanderweg gefolgt und ich kann dich deshalb nicht mit Farbmarkierungen beglücken. Aber wenn du dir z. B. die Outdooractive-App zu Hilfe nimmst, kannst du dich gut orientieren und an den einzelnen Etappen entlang hangeln: Los ging es an der Wehrmühle Biesenthal, weiter über die Wiesen im Finowtal bis zum kleinen Rastplatz Pöhlitzbrück und von da durch den Wald bis zum Lehnssee.
Dauer der Wanderung: Inklusive Pause fürs Picknick waren wir etwa 3,5 Stunden unterwegs.
Kombinationsmöglichkeit: Wenn du noch mehr sehen und erleben willst, kannst du diese Wanderung zum Beispiel durch einen Abstecher zum Großen Samithsee erweitern. Wir haben uns das fürs nächste Mal aufgehoben.
Wenn du jetzt Lust auf eine weitere Wanderung in Brandenburg bekommen hast, dann schau gleich noch in Brodowin vorbei oder dreh mit uns ne Runde um den Wolletzsee in der Uckermark.
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