Dingsbums am Morgen

10. Februar 2017
Yangshuo in China

Ich denke mir das nicht aus. Die Natur hat es so eingerichtet. Weil sie mich besonders liebt oder hasst. Weil sie mir kleine Abenteuer und Geschichten schenken will, sich schlichtweg vertut oder mich gar nicht wahrnimmt. Dann wäre all das reiner Zufall. Der macht jedoch die Dinge nicht weniger verrückt. Jedenfalls lassen mich die Begegnungen grübeln, die ich hin und wieder in und mit dieser Natur habe. Auch ein neues Ereignis will in diesem Koordinatensystem eingeordnet werden. Ich bin noch dabei.

Also!
Ein neuer Tag beginnt und er hat nichts besseres zu tun, als mir etwas ins Gesicht zu schleudern. Speziell irritierend. Denn was mir da entgegen klatscht, realisiere ich natürlich nicht sofort. Man denkt ja beim Zähneputzen nicht die ganze Zeit oh, oh – gleich muss es so weit sein, gleich passiert was! Und schaut dann ganz gespannt, um auch ja nicht zu verpassen, was es ist. Deshalb habe ich das nicht kommen sehen. Ist auch ganz gut irgendwie, sonst wäre der Überraschungseffekt einfach so verpufft.

Also!
Ich beim Zähneputzen. Gerade am Ausspucken. Dann von unten dieser dunkle Fleck. Von da wo ich gerade meine Zahncreme losgeworden bin, will mir der Abfluss nun etwas zurück geben. Übertriebene Dankbarkeit für mein Empfinden. Aber der macht das einfach. Ohne vorher nochmal nachzufragen. Bitte schön.

Also!
Etwas kommt auf mich zu. Wird größer. Klatsch. Mein Herz macht so einen merkwürdigen Hüpfer. Stottert und strauchelt. Geht kurz aus. Glaub ich. Dann wieder an. Wie ein bockiger Motor, dem einfällt, dass er das Gerät um sich herum ja noch irgendwohin befördern wollte. In gewohnter Manier brülle ich das ganze Hotel zusammen. Geübt hatte ich das ja schon im sommerlichen Rumänien. Nachts im Garten. Heute eben in einem Badezimmer in China. Gut. Man kann es sich nicht aussuchen. Der Adrenalinrausch ist einfach überwältigend und ich bin ganz verzaubert. Hat man ja auch nicht jeden Tag. Insgesamt kann das sehr erfrischend sein. Hinterher fühlt man sich immer so wunderbar lebendig. So lässt es sich auch besser nachschauen, was es wohl dieses Mal gewesen ist. Ich suche die echten und die Pseudo-Wände ab. Wo andere Räume mit Mauern ausgestattet sind, hängen hier nämlich teilweise nur Rollos. Auch speziell, aber egal jetzt. Ich schaue auch auf dem Boden und sonst überall nach. Und werde fündig.

Yangshuo in China

Also!
Es ist nicht: Spinne, Kakerlake, Nacktschnecke oder Kaninchen und auch keine Amöbe und so weiter. Es ist überraschend. Eine kleine Kröte. Nun hocken zwei davon im Badezimmer. Verschreckt. Wobei ich mich schon wieder eingefangen habe. Aber das Mini me hat Angst und sich hinter das Waschbecken verkrochen. Da sitzt sie jetzt, macht sich ganz winzig und kneift dabei die Augen zu. Wenn ich niemanden sehe, dann sieht mich auch keiner. Das denkt die sich dabei. Aber lass dir mal gesagt sein, kleine Kröte, das hat noch nie funktioniert.

Yangshuo in China

Also!
Im Hotel sind zum Glück kaum Menschen. Sich vor zu vielen Leuten zum Affen machen. Muss nicht sein. Wie steht man denn da? Zumal ich nichts gegen Kröten habe. Und die hier ist wirklich niedlich. Von mir will sie gerade nichts wissen. Mir leuchtet das ein. Ich habe sie in eine übelste Peinlichkeit reingezogen. Besudelt mit Resten von Zahncreme und Geschrei. Sie wird evakuiert. Eine Kur hat sie dringend nötig. Draußen wartet die schöne Welt auf sie. Ein Tümpel auch. Da wird sie wieder zu sich finden. Hopp, hopp, hopp. Plopp.

Yangshuo in China

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6 Comments

  • Reply ulla 11. Februar 2017 at 19:01

    endlich wieder eine, liebe lu, bin süchtig nach deinen geschichten. und sie lebt, die kleine kröte. anders als das getier, das in peking auf dem markt zum essen angeboten wird … für mich ist china große mauer, terrakotta-armee oder bund. bin gespannt auf neue erlebnisse abseits der touristenmagneten. ganz herzliche grüße von ulla

    • Reply Lu 12. Februar 2017 at 11:21

      Hallo liebe Ulla,
      ja, endlich mal wieder eine. Mir hat das auch gefehlt.
      Und ja, es ist für uns schon verrückt, was anderswo gegessen wird. Umgekehrt ist es aber sicher auch nicht immer nachvollziehbar, was in unseren Töpfen landet. Es kommt halt immer auf den Standpunkt an. In China hatte ich ebenfalls einen besonderen Moment. Da stand die Zeit kurz still, weil ich es nicht fassen konnte. Aber darüber werde ich in Kürze berichten. Auf jeden Fall lässt sich in solchen Situationen ganz gut Toleranz üben. Auch wenns nicht immer einfach ist, interessant ist es auf jeden Fall. Abgesehen davon: Es lebe die kleine Kröte! :)
      Liebe Grüße
      Lu

  • Reply Norah 12. Februar 2017 at 1:20

    Ach, ich liebe solche Geschichten. Geschichten, die von einem kleinen Erlebnis, einer kurzen Begegnung, einer Winzigkeit berichten, aber so schön ausgeschmückt sind und lebhaft erzählt werden. Denn solche Ereignisse haben es verdient, dass über sie geschrieben wird und von ihnen gelesen wird. Es muss nicht immer eine Wahnsinnserkenntnis sein. Oder ein waghalsiges Abenteuer. Oder eine verrückte Idee. Oder das größte Glück auf Erden.

    Auch Geschichten über eine kleine Kröte können entzücken. Und einen für kurze Zeit ins ferne China entführen.

    Danke liebe Lu.

    • Reply Lu 12. Februar 2017 at 11:31

      Liebe Norah,
      danke für deinen lieben Kommentar! Ich hätte es gar nicht übers Herz gebracht, diese chinesische Winzigkeit nicht zu erwähnen und irgendwann einfach wieder zu vergessen. Sie hat in den wenigen Minuten mit mir so viel durchmachen müssen. Da ist eine Geschichte über sie das Mindeste. Und ich bin sehr froh, dass es da draußen Menschen wie dich gibt, die solche Geschichten mögen – über Kröten und Kleinigkeiten und spezielle Momente. Deshalb auch von mir ein Danke.
      Liebe Grüße
      Lu

  • Reply lenke 13. Februar 2017 at 21:34

    Oh je, eine kleine Kröte. Für viele ein Nichts, ist ja auch nicht viel dran. Aber Deine liebevolle Art, von ihr zu erzählen, Dein Mitgefühl für ihren Schreck und das Geschick, ihr Herzklopfen sichtbar zu machen, das, liebe Lu, zeichnet Deine kleinen Geschichten aus. Welch wunderbarer Kontrast zur Gedankenlosigkeit, Lieblosigkeit, Grausamkeit auf den großen Pfaden dieser Welt. Dafür vielen Dank.
    Liebste Grüße von lenke

    • Reply Lu 16. Februar 2017 at 20:13

      Meine liebe Lenke,
      dir auch vielen Dank!
      Liebe Grüße
      Lu

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